Doris Haldner

Das PPP-Pilotprojekt Neumatt in Burgdorf ist ein grosser Erfolg.

Medienarchiv - PPP in der Presse

Unausgeschöpftes Kooperationspotenzial in der Schweiz

Das Ausland bei Public-Private Partnership offener als die Schweiz

Im internationalen Vergleich ist in der Schweiz eine Zurückhaltung in Sachen Public-Private Partnership im öffentlichen Hochbau festzustellen. Trotz zahlreichen öffentlich-privaten Kooperationen konnte sich bisher eine umfassendere Zusammenarbeit nicht durchsetzen.

Ein Blick über die Schweizer Grenzen hinaus zeigt, dass sich seit längerem ein Trend hin zu Public-Private Partnership (PPP) manifestiert. Der Grund für diese Zunahme ist vor allem das kontinuierlich steigende Volumen, das in die öffentliche Infrastruktur investiert wird. Gleichzeitig kommen die öffentlichen Haushalte immer mehr an ihre Grenzen, nimmt doch der Verteilkampf um die Mittel stetig zu. Im Bereich der Bereitstellung von Infrastruktur bietet sich aber mit PPP-Modellen eine Alternative an. Sie ermöglicht eine verstärkte, breitere und längerfristige Zusammenarbeit des Staates mit privaten Partnern. In Europa umfasst dieser Trend praktisch alle Staaten. Im Bereich des öffentlichen Hochbaus (Schulen, Spitäler, Gefängnisse, Verwaltungsgebäude usw.) gelten nebst dem PPP-Vorreiter Grossbritannien vor allem Deutschland, Italien, die Niederlande, Frankreich und Spanien als besonders PPP-aktive Länder.

Partnerschaft über den Lebenszyklus

Bei PPP-Modellen im öffentlichen Hochbau bestellt, steuert und kontrolliert die öffentliche Hand die Infrastruktur, während der Private diese plant, erstellt, finanziert und über eine lange Dauer (20 bis 30 Jahre) auch betreibt. Der Private erhält dafür ein regelmässiges Entgelt. PPP können somit Vorhaben von öffentlichen Finanzrestriktionen befreien. Der Vorteil liegt vor allem darin, dass Planung, Bau, Finanzierung und Betrieb über den gesamten Lebenszyklus einer Hochbaute miteinander verbunden werden. Der private Partner wird, wenn er 20 und mehr Jahre für den Betrieb verantwortlich ist, bereits in der Planungs- und Bauphase versuchen, die Betriebskosten zu optimieren.

Damit Erfahrung und Kreativität der Privaten optimal genutzt werden können, erfordern PPP-Modelle eine Verlagerung von der herkömmlichen Input-Orientierung (detaillierte Leistungsbeschreibung) zur Output-Orientierung (funktionale Leistungsbeschreibung). Ferner werden sämtliche Risiken über den gesamten Zeitraum des Projekts sachgerecht verteilt. Grundsätzlich soll derjenige das Risiko tragen, der es am besten steuern kann. In Bezug auf Bau- und Betriebsrisiken sind dies die privaten Partner. Die Gestaltung von Anreizmechanismen (z. B. Bonus-Malus-Systeme) ist ein weiterer effizienzsteigernder Aspekt von PPP. Erfahrungen aus dem Ausland zeigen, dass bei garantierter Qualität Einsparungen bei den Gesamtkosten von bis zu 20% erreicht werden können – Einsparungspotenziale, die sich auch die Schweiz zunutze machen könnte.

Pilotprojekt im Kanton Bern

Aufgrund ihrer Tradition der Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor müsste die Schweiz für PPP prädestiniert sein. Dies gilt vor allem mit Blick auf den öffentlichen Hochbau, bei dem man bereits PPP-ähnliche Konstellationen (z. B. Investorenmodelle und -wettbewerbe) kennt. Der europäische PPP-Trend lässt sich aber ungeachtet eines regen Wissenstransfers aus dem Ausland in der Schweiz kaum feststellen.

Eine landesweite Umfrage bei den kantonalen Departementssekretären der Finanz- und Baudepartemente (2006/07) hat ergeben, dass nur ganz wenige PPP-Projekte im Bereich des öffentlichen Hochbaus initialisiert wurden. Am weitesten ist das PPP-Pilotprojekt «Neubau Regionalgefängnis und Verwaltungszentrum Burgdorf » des Kantons Bern, das sich derzeit in der Ausschreibungsphase befindet. Die Zurückhaltung in Sachen PPP hat gemäss den befragten Departementssekretären vielfältige Ursachen (vgl. Tabelle). Es zeigt sich, dass die oft herangezogene Begründung des geringeren finanziellen Leidensdrucks nur Teile dieses Phänomens erklärt. Die hohe Rechtskomplexität und Rechtsunsicherheit sowie die einfache und günstige Kapitalbeschaffung sind Gründe im Bereich der institutionellen Rahmenbedingungen. Punkto Ressourcen wird nebst der komfortablen finanziellen Lage die Grösse der Gemeinwesen und Verwaltungen am meisten genannt. Im gesellschaftlich- kulturellen Bereich sind es die Einstellung gegenüber dem Service public sowie das bereits bestehende hohe Effizienzniveau. Ferner werden aus Sicht der politisch-administrativen Akteure Abhängigkeitsrisiken für die Verwaltung und fehlende Anreize für die Politik als weitere Ursachen bezeichnet. Die Analyse verdeutlichte auch, dass in Bezug auf die Rahmenbedingungen zahlreiche Unterschiede zwischen der Schweiz und den PPP-aktiven Ländern bestehen.

Schrittweise Annäherung

Die Schweiz als eine Art Sonderfall zu bezeichnen, ist aufgrund der vorhandenen Spezifika legitim. Allerdings hat die Schweiz immer wieder bewiesen, dass vom Ausland stammende Ideen, Konzepte oder Erfahrungen relativ schnell helvetisiert werden können. Es kann davon ausgegangen werden, dass der PPP-Ansatz – analog zum Ausland – auch für die Schweiz Chancen zur Erschliessung zusätzlicher Potenziale in der öffentlich- privaten Zusammenarbeit bietet. Entscheidend wird jedoch sein, inwieweit der für die Schweiz erfolgversprechende PPP-Ansatz den schweizerischen Rahmenbedingungen angepasst werden muss. In diesem Sinne sollen nicht einfach die internationalen PPP-Modelle übernommen werden. Eine schrittweise Annäherung an den internationalen PPP-Standard auf Basis der bereits bestehenden schweizerischen PPP-ähnlichen Modelle hat bessere Aussichten auf Erfolg.

Ursachen für die PPP-Zurückhaltung in der Schweiz

Ursache

Ausgewählte Aspekte der PPP-Zurückhaltung
Hohe Rechtskomplexität und -unsicherheit

Föderale Rechtsstrukturen und dogmatische Trennung zwischen öffentlichem und privatem Recht. Rechtsunsicherheiten im Bereich des Beschaffungs-, Subventions- und Steuerrechts sowie durch die langfristige Ausrichtung.

Einfache und günstige Kapitalbeschaffung der öffentlichen Hand 

Hohe Bonität der öffentlichen Hand und deshalb sehr günstige Finanzierungskonditionen. Eine privatfinanzierte PPP-Variante muss die höheren Finanzierungskosten überkompensieren.

Komfortable finanzielle Lage der Gemeinwesen

Allgemein geringer finanzieller Leidensdruck. Prüfung von alternativen PPP-Varianten oft nicht notwendig.

Grössenverhältnisse der Gemeinwesen und Verwaltungen

Kleinräumigkeit und hohe politische Autonomie erschweren die PPP-Standardisierung. Mindestvolumen für ein PPP-Projekt als kritischer Faktor.

Einstellung gegenüber «Service public»

Neutrale Betrachtung der Service-public-Leistungen aufgrund der nicht gewinnorientierten Ausrichtung. Skepsis, wenn Private bei langfristigen PPP-Projekten Gewinne generieren.

Bestehendes hohes Effizienzniveau

Bedingt durch das politische System sehr bürgernahe und effiziente Staatsaktivitäten. Relativierung der potenziellen PPP-Effizienzvorteile.

Abhängigkeitsrisiken für die Verwaltung

Abhängigkeitsrisiken für die Verwaltung Abhängigkeitsrisiken wie z. B. Vertrauensschutz, Datensicherheit, lange vertragliche Bindung oder Insolvenz des privaten Partners.

Fehlende Anreize für die Politik

Geringes Potenzial politischer Profilierung für PPP-Projekte (u. a. wegen des 20–30-jährigen Zeithorizonts). Einschränkung des politischen Handlungsspielraums (z. B. Budgetflexibilität) durch die langfristigen, fixierten PPP-Raten.

Der Originalbeitrag kann nachfolgendem Attachment entnommen werden.

Referenz

Autoren:Marc Ehrensperger
Quellen:Neue Zürcher Zeitung

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