Jean-Hugues Busslinger

Ein PPP garantiert die Wahrnehmung der öffentlichen Interessen und führt zu einer Win-Win-Situation für Staat und Wirtschaft.

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Wer profitiert, soll finanzieren

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Die Steuerzahler zahlen milliardenschwere Bahnprojekte, von denen nur eine Minderheit profitiert. Es gäbe weitaus bessere Finanzierungsmodelle. Der Artikel aus der NZZ am Sonntag vom 15.06.2008 ist hier abrufbar.

Mit Steuermilliarden baut man Bahn, Strassen und Trams aus, den Gewinn haben die Landbesitzer, die Läden, die Arbeitnehmer in den Ausbauregionen. Dabei gäbe es Modelle, die Ausgaben von den Begünstigten direkt tragen zu lassen - und ausserdem ginge es dann schneller voran.

Diese liberale Idee tönt zunächst einmal sehr sozialistisch. Und doch: Alle die neuen Bahn- und Tramprojekte werden dem Stimmbürger ausdrücklich mit Hinweisen auf wirtschaftliche Gewinne verkauft. Die Summen aber sind gewaltig. Die SBB suchen 12 Mrd. Fr. für den Ausbau, die neuen Trams in Bern und Lausanne kosten fast 1 Mrd. Fr. Die Glatttalbahn soll mit 650 Mio. Fr. zulasten aller «eine Stadtlandschaft von hoher urbaner Qualität entwickeln» - für die benennbaren Profiteure, die dort besitzen, verkaufen, arbeiten.

Denn eine Studie der Kantonalbank und des Statistischen Amtes des Kantons Zürich belegt mit Tausenden von Daten, wie sich Grundstücke durch Infrastrukturen aufwerten. So schätzen die Autoren den Bodenmehrwert in grossen Teilen des Knonaueramts durch die neue A 4 auf über 25%. Oder sie können zeigen, dass die Nähe von 500 Metern zu einer S-Bahnstation den Boden gegenüber dem Durchschnitt um 14% verteuert. Wie aber kann man die Gewinner solcher öffentlicher Grossinvestitionen so kurzschliessen, dass sie diese auch selbst bezahlen?

Es gibt die alte Idee Liberaler und Linker, die bestehenden Steuern zu ersetzen durch eine allgemeine Abgabe auf den Schätzwerten der Liegenschaften und des Bodens. Werden diese aufgewertet, tragen in der Folge auch alle die Abgaben mit - Mieter, Villenbesitzer, Läden, Fabriken, Konsumentinnen und Konsumenten. Das, weil die Immobilienkosten in alle wirtschaftlichen Tätigkeiten einfliessen. Aber so schön dieses Modell ist, so radikal und chancenlos bleibt es.

Hingegen wirken sich die erwähnten Strassen-, Stadtbahn- und Tramprojekte streng lokal aus, umfassen wenige Kilometer, und die Zahl der begünstigten Bodenbesitzer ist überblickbar. Modelle, wie man nun solche Projekte mit den Nutzern und Gewinnern zusammenbringt, gibt es quer durch die Geschichte und in mehrfacher Ausführung.
In Hongkong wurde 1975 die MTR Corporation gegründet. Sie kauft vom Staat Land zu Marktpreisen, baut darauf Stadtbahn um Stadtbahn und kassiert den Bodenmehrwert, indem sie selbst darauf Wohnungen und Geschäfte baut oder den Boden teurer an Generalunternehmer abgibt. Die Bahn trägt sich selbst, und die allgemeinen Steuern in Hongkong sind rekordtief geblieben.

Ein anderes Beispiel findet sich in Japan: Die japanischen Bahnen wurden im Jahr 1987 privatisiert und sind seither vertikal integrierte Gesellschaften. Sie besitzen Boden, Läden, Hotels, Wohnungen und sind zuständig für den Bahnbetrieb. Der breite Immobilienbesitz macht sie reich. Die Bahnen haben ein eminentes Interesse an immer besserer Erschliessung, weil ihre Immobilien damit profitabler werden.

In der Schweiz verkaufen die SBB heute viele Immobilien, anstatt sie zu bewirtschaften. Grosse Eigenprojekte wie Geleiseüberbauungen werden häufig abgeblockt. Dabei gelten auf SBB-Grundstücken oft weniger Einsprache- und Schikanerechte als auf anderem Grund - sie könnten loslegen, wenn man sie liesse.

Ein anderes Modell könnte für die neuen städtischen Tramstrecken gelten. Die privaten Grundeigentümer würden die Strecken als Entwicklungsgesellschaft vorfinanzieren, auch Kredite aufnehmen und mit der Zeit aus Nutzereinnahmen, Bodengewinnen der Gesellschaft und aus realisierten Mehrwerten beim privaten Grundstückverkauf die Kosten abzahlen.

Die Regeln dazu müssten im Voraus festgelegt und - wie in Zürich - aus zugänglichen Daten berechnet werden. Selbstverständlich würden dann die vielfachen Belastungen aus Liegenschaftssteuern und Grundstückgewinnsteuern abgelöst. Der Finanzierungskreislauf würde nicht mehr durch die Staatskasse gehen. Die Bewohner anderer Kantonsteile müssten nicht auch zahlen - und langwierig mitreden. Es ginge schneller. Solch neue Strassen oder Bahnen würden die Minderwerte bei Direkt-Anwohnern natürlich entschädigen, und man gewänne damit auch ein Indiz, ob Nutzen und Schaden im richtigen Verhältnis stehen.

Das schlagende Beispiel aus der Geschichte liefert das römische Imperium. Die 10 000 Kilometer Superstrassen und der «cursus publicus», eine Reiterpost, wurden als Standard von Rom vorgegeben, aber lokal von den Städten, Bauern und Provinzen gebaut und unterhalten. Erwiesenermassen gewannen Bauern und Fabrikanten einen enormen Radius für den Verkauf ihrer Produkte. Ihre Spezialisierung und Arbeitsteilung machte den Reichtum Roms aus.
Und wie sieht unsere Zukunft aus? Mit den Modellen der Public Private Partnership (PPP) nähert man sich ein wenig dem Ideal. Doch so werden nur Investoren mit dem Staat verbunden. Eigentlich sollte man aber die Gewinner und Kostenträger der genau zurechenbaren Infrastrukturen kurzschliessen. Einerseits müssten die nationalen oder urbanen Monopole gelockert und zu direkter geschäftlicher Interessenahme ermächtigt werden. Andererseits müssten private Initiativen für lokale Infrastrukturprojekte die notwendige Autonomie und ebenfalls einen hoheitlichen Mantel bekommen. Denn es geht um Netzeigenschaften, welche Anschlussrechte, Anschlusszwänge und die verbindliche lokale Kostenträgerschaft brauchen. Kurz: Es braucht ein Verständnis von öffentlichem Interesse und von Service public, das nicht auf zentrale Amtsstuben baut, sondern vom Bürger ausgeht.

[*] Wertvoller Boden: Studie auf www.zkb oder www.statistik.zh.ch abrufbar.

[*] Fred Harrison: Wheels of Fortune. Self-funding Infrastructure. Institute of Economic Affaires, London 2006.

 

Autoren:Beat Kappeler
Quellen:NZZ am Sonntag

 

 

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