Doris Haldner

Das PPP-Pilotprojekt Neumatt in Burgdorf ist ein grosser Erfolg.

PPP-News

Öffentliche Beschaffungen: Bundesrat schwächt Transparenz

tstamp);*/ echo substr($this->date, 0, -5); ?>

Vordergründig geht es beim neuen Beschaffungsgesetz um mehr Transparenz. Doch gleichzeitig will der Bundesrat das Öffentlichkeitsgesetz aushebeln. Der Öffentlichkeitsbeauftragte läuft dagegen Sturm.

von Jan Flückiger, Neue Zürcher Zeitung

Suchte jemand nach einem Lehrbuchbeispiel, wie das Vertrauen in ein neues Gesetz mit grosser Tragweite nach langer Vorarbeit in letzter Sekunde nachhaltig geschwächt werden kann, das totalrevidierte Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) wäre ein heisser Kandidat. In jahrelanger Zusammenarbeit mit den Kantonen hat man versucht, das Gesetz zu überarbeiten, um einerseits neuen Vorgaben der WTO Rechnung zu tragen und andererseits das Beschaffungswesen von Bund und Kantonen zu harmonisieren (siehe Zusatztext).

Eines der wichtigsten Ziele bei der Gesetzesrevision war die Stärkung der Transparenz. Diese ist bei öffentlichen Beschaffungen von zentraler Bedeutung und auch staatspolitisch unabdingbar. Immerhin geht es um schätzungsweise 41 Milliarden Franken jährlich, die bei Bund, Kantonen und Gemeinden dafür ausgeben werden. Allein die zentrale Bundesverwaltung beschaffte im Jahr 2015 Bauleistungen, Waren und Dienstleistungen im Wert von 5,65 Milliarden Franken. Immer wieder kommt es bei Beschaffungen aber zu Pannen, unsauberen Vergaben oder Kostenüberschreitungen, deren Folgen schliesslich der Steuerzahler zu tragen hat. Die in jüngerer Zeit bekannt gewordenen Korruptionsfälle, wie etwa derjenige beim Seco, der Anfang 2014 für Furore sorgte, sind dabei nur die Spitze des Eisbergs.

Änderung in letzter Minute

Viele problematische Beschaffungen wurden von kritischen Journalisten aufgedeckt. Umso erstaunlicher ist es, dass der Bundesrat bei der vorliegenden Revision am Mittwoch heimlich, still und leise eine Änderung vorgeschlagen hat, welche die Kontrollfunktion der Medien und der Öffentlichkeit massiv einschränken würde. So sollen sämtliche Dokumente, die in Verbindung mit dem Beschaffungswesen stehen, künftig vom Öffentlichkeitsgesetz ausgenommen werden. Das heisst: Journalisten und Bürger würden nach Abschluss eines Vergabeverfahrens keine Einsicht mehr in die entsprechenden Unterlagen erhalten. Heute ist das auf ein begründetes Gesuch hin möglich.

Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte, Adrian Lobsiger, läuft dagegen Sturm. «Ausgerechnet in dem Bereich, in dem öffentliche Interesse am grössten ist, soll das Öffentlichkeitsprinzip nicht mehr gelten», sagt er. Da könne man das Öffentlichkeitsgesetz gerade so gut abschaffen. Es sei für ihn «schwer nachvollziehbar», wieso der Bundesrat dies in den Gesetzesentwurf geschrieben habe, obwohl Lobsiger in seiner Funktion als Öffentlichkeitsbeauftragter dagegen protestiert habe. Der Passus ist zudem erst vor Kurzem ins den Entwurf aufgenommen worden. In der Vernehmlassungsvorlage war davon keine Rede.

Wenig überzeugend ist auch die Argumentation des Bundesrates: Die Geschäftsgeheimnisse der Anbieter solle damit geschützt werden. Der Schutz von diesen, aber etwa auch von Preiskalkulationen, sei im Rahmen des Öffentlichkeitsgesetz stets gewährleistet, sagt Lobsiger. Gerade bei Vergaben mit wenig Wettbewerbern sei die Gefahr von Preisabsprachen hingegen evident. Das Öffentlichkeitsprinzip habe in der Vergangenheit dazu geführt, dass schwerwiegende Beschaffungspannen aufgedeckt oder vermieden worden seien. Lobsiger setzt jetzt darauf, dass das Parlament korrigierend eingreift.

Nachhaltiger und flexibler

Ob dieser fragwürdigen Änderung in letzter Minute, die überdies in der offiziellen Kommunikation des Bundesrates nicht einmal erwähnt wurde, gehen andere Aspekte der Reform unter. So findet sich im künftigen Gesetz etwa der Verweis auf den «wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltigen» Einsatz öffentlicher Mittel. Der Beschaffungsprozess soll aber auch verständlicher und flexibler werden. So genannte Dialogverfahren, die insbesondere bei Dienstleistungen im Informatikbereich an Bedeutung gewinnen, sollen gestärkt werden. Das heisst, dass Auftraggeber und Anbieter sich schrittweise einer optimalen Lösung annähern können. Zudem soll bei planerischen Leistungen, wie etwa bei einer Informatikstrategie oder bei Konzeptarbeiten, die Qualität künftig stärker gewichtet werden als der Preis. Beschaffungsverfahren und Auktionen sollen künftig elektronisch abgewickelt werden können.

Kantone stark einbezogen

P. S. Mit der Neuordnung des öffentlichen Beschaffungswesens in der Schweiz ist eine weitgehende Harmonisierung der Auftragsvergabe durch den Bund und die Kantone verbunden. Diese basiert auf einer «konsensualen Rechtssetzung», wie der Bündner Baudirektor Mario Cavigelli sagt, der Delegierte der Baudirektorenkonferenz für dieses Projekt. Das, so Cavigelli, sei eine bemerkenswerte Premiere. Das heisst: Die beiden Staatsebenen leisteten während rund fünf Jahren die Vorarbeiten zur nun anstehenden gesetzlichen Verankerung nicht nur gemeinsam, sondern auch auf Augenhöhe.

Was die definitive Gesetzgebung angeht, ist nun der Bund am Zug. Nach der Verabschiedung der Vorlage durch die eidgenössischen Räte werden die Kantone ihren Parlamenten zusammen mit der totalrevidierten Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen eine kantonale Vorlage für den Beitritt zum Konkordat unterbreiten, das die bisherigen Richtlinien für Vergaben weitgehend übernimmt und erlaubt, die heutigen kantonalen Submissionsgesetze aufzuheben.

Die Vereinheitlichung der Bestimmungen über die Auftragsvergabe von Kantonen und Gemeinden ist insofern bedeutend, als ihr jährliches Volumen in der Summe 32 Milliarden Franken beträgt, was 80 Prozent der öffentlichen Vergaben in der Schweiz ausmacht. Künftig sollen Kantone und Gemeinden Aufträge bis zu einem Schwellenwert von 150 000 Franken (Bauaufträge bis zu 300 000 Franken) freihändig vergeben können, und Vergaben über Einladungen sollen bis zu 250 000 Franken (Bauaufträge bis zu 500 000 Franken) über Wettbewerbe mit eingeladenen Teilnehmern vergeben werden können. Aufträge, welche diese Summe überschreiten, sind offen auszuschreiben.

Die Kantone versprechen sich von der neuen Transparenz und Einheitlichkeit eine Dynamisierung des Wettbewerbs und eine Effizienzsteigerung im Vergabewesen. Die Standardisierung der Verfahren dürfte den Kreis der Bieter öffnen und deren Abwicklung vereinfachen. Ein konkretes Sparziel ist mit der neuen Regelung, die frühestens in zwei Jahren in allen Kantonen umgesetzt sein dürfte, aber nicht verbunden.

Quelle: www.nzz.chAutor: Jan FlückigerDatum: 16. Februar 2017

Zurück | Einen Kommentar schreiben

Kommentare

Was ist die Summe aus 3 und 5?*