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"Jeder Vertrag sollte dem Bürger zugänglich sein"

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Die viel gepriesenen Öffentlich-Privaten Partnerschaften haben in Deutschland den Durchbruch verfehlt. Hochtief-Manager Graf von Matuschka kämpft weiter dafür – indem er für mehr Transparenz wirbt.

von Michael Gassmann, Die Welt

In der jüngsten Zeit sind Öffentlich-Private-Partnerschaften bei staatlichen Bauvorhaben in die Kritik geraten. Sie seien teurer, als wenn der Staat selbst baue, und die Verträge seien undurchsichtig oder gar geheim. Mit Transparenz will Hochtief das Geschäft wieder in Schwung bringen.

Die Welt: Herr von Matuschka, das Volumen von Projekten in Öffentlich-Privater-Partnerschaft, kurz ÖPP, lag im vergangenen Jahr mit 300 Millionen Euro bei nicht einmal einem Viertel des Niveaus früherer Jahre. Die beste Zeit ist offenbar schon vorbei.

Nikolaus Graf von Matuschka: Keineswegs. Wir rechnen in diesem Jahr wieder mit einem Aufschwung des Projektvolumens auf mehr als eine Milliarde Euro. Zwei große Projekte stehen in Schleswig-Holstein an, ein Stück der Autobahn A7 und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Vier weitere Projekte von 100 Millionen Euro sind in den ersten zwei Monaten bereits vergeben worden, darunter ein Gymnasium in Halstenbek bei Hamburg, das Finanzamt Halle und ein Bad in Königswinter.

Die Welt: Klingt gut, doch gemessen an den gesamten Bauinvestitionen der öffentlichen Hände scheint das überschaubar. Wie hoch ist der Anteil von ÖPP?

Graf von Matuschka: Momentan liegt er bei etwa einem bis zwei Prozent, vor einigen Jahren waren es bis zu vier Prozent.

Die Welt: Offenbar kann die Bauwirtschaft viele Entscheider in der Politik nicht von der Idee überzeugen.

Graf von Matuschka: Ich gebe zu: ÖPP hat den Durchbruch in Deutschland bisher nicht geschafft. Aus unserer Sicht ist das unverständlich. Wenn man sich anschaut, wie die laufenden Projekte von der Kundenseite her bewertet werden, kommt man zu viel positiveren Ergebnissen. Bislang sind 200 Hochbau-Projekte in Deutschland umgesetzt worden, darunter Schulen, Krankenhäuser und Verwaltungsbauten. Über 90 Prozent der Auftraggeber sehen überwiegend Vorteile für ihre Kommune, 93 Prozent sagen, dass der Kostenplan eingehalten wurde, 80 Prozent würden wieder so entscheiden.

Die Welt: Woher weiß man das?

Graf von Matuschka: Das sind die Ergebnisse von zwei Umfragen des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie aus 2011 und 2013. Die 2013er Umfrage erfolgte sogar anonym. Es gab also keine Schönwetter-Antworten. Abgesehen davon bekennen sich viele Auftraggeber aber auch öffentlich und gegen Widerstände zu den Modellen. Wenn in einer ÖPP-Schule eine Scheibe kaputt geht, wird gar nicht erst das rot-weiße Bändchen zur Absicherung hervorgeholt, da wird die Scheibe sofort repariert, weil man nicht erst zum Kämmerer laufen muss, um sich das genehmigen zu lassen. Fragen Sie einmal die Fördervereine und Schüler, wie die das wahrnehmen. Die Situation der Schulen nach der Sanierung ist erheblich besser. Das wirkt sich positiv auf die Atmosphäre und damit auf die Qualität des Unterrichts aus – so schildern es die Betroffenen. Ich würde sogar die These wagen, dass man es in der Pisa-Studie positiv ablesen kann.

Die Welt: Eine recht steile These. Warum kann sich ÖPP in Deutschland trotzdem nur schwer durchsetzen?

Graf von Matuschka: Zum einen gibt es hierzulande grundsätzliche Vorbehalte zum Thema Privatisierung. Zum anderen werden gezielt Ängste um Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst geschürt. Da geht es auch um einen Machtkampf zwischen Gewerkschaften. Ver.di organisiert den öffentlichen Dienst und fürchtet den Verlust von Mitgliedern, während andere Gewerkschaften wie die IG Bau gegenüber ÖPP eher offen sind.

Die Welt: Können Sie die Ängste der öffentlich Bediensteten nicht nachvollziehen?

Graf von Matuschka: Die Furcht vor Stellenabbau ist unbegründet. Private Autobahnbetreiber sind beispielsweise sehr daran interessiert, Mitarbeiter von Autobahnmeistereien zu übernehmen. Wenn es um Schulen geht, sind viele Hausmeister auf freiwilliger Basis zu den Privaten gewechselt. Andere sind bei der öffentlichen Hand verblieben und in die Projekte integriert worden. ÖPP führt letztlich zu mehr Stellen, weil Projekte realisiert werden, die sonst wegen der schwierigen Haushaltslage nicht umgesetzt werden könnten.

Die Welt: Deshalb stehen die Modelle auch im Verdacht, versteckter Staatsverschuldung Vorschub zu leisten.

Graf von Matuschka: Zunächst einmal besteht eine konkrete Situation, in der ein Bedarf gelöst werden muss. Eine Kommune muss sich entscheiden, ob eine Schule geschlossen werden muss oder weiter geführt werden kann. Der Bund muss prüfen, ob wir uns jeden Tag über verstopfte Autobahnen quälen oder das Netz ausgebaut wird. Dann muss die jeweilige Stelle entscheiden, wie das Problem zu lösen ist. Oft kann ein privater Anbieter die wirtschaftlichere Lösung anbieten.

Die Welt: Bei der Finanzierung erhält die öffentliche Hand günstigere Konditionen.

Graf von Matuschka: Natürlich ist eine Finanzierung über Banken, wie sie die Privaten vornehmen müssen, teurer. Aber die Finanzierung ist ja nur ein Aspekt in einem Gesamtkonzept, bei dem es darum geht, ob das Objekt über die gesamte Laufzeit günstiger ist oder nicht. Diesem Wettbewerb mit der konventionellen Vergabe stellen wir uns. Ich sage nicht, dass ÖPP immer die bessere Möglichkeit ist. Bei komplexen Projekten mit hohem Sanierungsanteil etwa sind die Risiken oft sehr hoch. Die Chance von ÖPP liegt darin, dass Planung, Bau und Betrieb in einer Hand liegen. Diese Verantwortung zwingt den privaten Betreiber, sich Gedanken über die Wirtschaftlichkeit während 25 oder 30 Jahren Laufzeit zu machen. Für ihn kann es sinnvoll sein, am Anfang mehr in ein Schulgebäude zu investieren, um später bei den Bewirtschaftungskosten zu sparen. So rechnet die öffentliche Hand nicht.

Die Welt: Bei ÖPP-Projekten wird jedenfalls das Geld der Steuerzahler ausgegeben, die zu Recht Einblick verlangen. Warum ist die Transparenz bei ÖPP-Projekten so schlecht?

Graf von Matuschka: Wir sind bereit, alles transparent zu machen. Nach unserer Meinung sollte jeder Vertrag ins Internet gestellt und für den Bürger voll zugänglich gemacht werden. Das ist in vielen Fällen auch geschehen, vorbildlich bei der neuen Feuerwache in Celle. Andere Kommunen haben nachgezogen, inzwischen auch das Land Hessen. In anderen Fällen stoßen wir auf Widerstände bei öffentlichen Auftraggebern. Vielleicht fürchtet man in den Ämtern, sich angesichts des hohen Interesses an öffentlichen Bauwerken angreifbar zu machen.

Die Welt: So wie bei der von Hochtief gebauten, umstrittenen Elbphilharmonie?

Graf von Matuschka: Wir haben in 140 Jahren Baugeschichte viele Erfahrungen gemacht, eine davon ist die Elbphilharmonie. Dabei handelt es sich allerdings – anders als viele glauben – nicht um ein ÖPP-Projekt. Ihr fehlt eines der wesentlichen Merkmale von ÖPP, die Verbindung von Planung und Bau in einer Hand. Darin liegt die Ursache für einen Großteil der Schwierigkeiten.

Die Welt: Sie sind Vorstand von Hochtief Solutions, also Manager in einem großen Baukonzern. Geht das ÖPP-Geschäft nicht komplett an kleineren Baufirmen vorbei?

Graf von Matuschka: ÖPP eignet sich hervorragend für den Mittelstand. Viele mittelgroße Unternehmen beteiligen sich unmittelbar. Das könnte man durch stärker standardisierte Vertragswerke noch optimieren, etwa was die vereinbarten Leistungen und die Übernahme von Risiken angeht. Wir müssen das nicht alles neu erfinden. Großbritannien und vor allem die Niederlande sind uns da weit voraus. Auch wenn ein Unternehmen wie Hochtief ein Großprojekt übernimmt, ist der örtliche Mittelstand maßgeblich beteiligt. Im Umkreis von 100 Kilometern um eine Großbaustelle herum werden nach einer statistischen Erhebung zu 73 Prozent lokal ansässige Unternehmen eingebunden. Die braucht man auch nachher in der Bewirtschaftungsphase, beispielsweise für die Instandhaltung von Fahrbahndecken und schnelle Reparaturen. Deshalb engagiert sich der Mittelstand ja auch im Arbeitskreis ÖPP.

Die Welt: Einer der schärften Kritiker von ÖPP ist der Bundesrechnungshof. Kann er Ihrer Meinung nach nicht rechnen?

Graf von Matuschka: Wir haben den Bundesrechnungshof eingeladen, sich mit uns an einen Tisch zu setzen, aber er hat das Angebot bisher nicht angenommen. Nach unserer Meinung vergleicht er derzeit Äpfel mit Birnen, und es werden dadurch falsche Berechnungen angestellt. Ein Beispiel: Bei einer konventionellen Ausschreibung wird an den günstigsten Anbieter vergeben. Bei ÖPP ist der Preis des eigentlichen Bauwerks nur ein Aspekt unter mehreren. Letztlich geht es um die Kosten über die gesamte Laufzeit und die Übernahme aller damit verbundenen Risiken. Diese Risiken lässt der Bundesrechnungshof in seiner Betrachtung aber vollkommen außer Acht. Dafür steht dann der Steuerzahler gerade. Insgesamt ist das eine Milchmädchenrechnung und es entsteht volkswirtschaftlicher Schaden, weil der Bundesrechnungshof ÖPP nicht als Alternative akzeptiert.

Die Welt: Die Industrie denkt in der Regel nicht volkswirtschaftlich, sie will Gewinn erzielen. Warum kann ÖPP nach Ihrer Ansicht trotzdem der Allgemeinheit nutzen?

Graf von Matuschka: Weil wir aufgrund unserer langjährigen Projekterfahrungen die Prozesse von der Planung bis zum Betrieb besser organisieren und steuern können. Damit haben wir einfach die Risiken besser im Griff. Das Baugeschäft ist in Teilen durch schmale Margen und Risiken gekennzeichnet. Das geht nur, wenn ein Unternemen wie Hochtief die Fähigkeit hat, modernstes ingenieurtechnisches Wissen einzubringen, Risiken professionell zu managen oder die Prozesse sogar selbst zu lenken. Dann kann ein Unternehmen Geld verdienen und gleichzeitig der öffentlichen Hand Ausgaben ersparen. Das ist für beide Seiten interessant.

 

Quelle: www.welt.deAutor: Michael GassmannDatum: 7. März 2014

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